Von Stamm Carsten Niebuhr 1. April 2016
Paula ist Teil der Delegation der Weltpfadfinderinnenorganisation WAGGGS, in der auch der Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände (RDP) Mitglied ist. Denn in New York versammeln sich nicht nur Delegationen einzelner Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN), sondern auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können Delegierte senden.
Das oberste Ziel der 1946 gegründeten UN-Frauenrechtskommission ist die Stärkung von Frauen und ihrer Rechte. Zu den jährlich stattfindenden Sitzungen sind alle UN-Mitgliedstaaten eingeladen und dort wird darüber beraten, wie sich verschiedene weltpolitische Entscheidungen auf Frauen auswirken und wie eine Verbesserung der Lebenssituation von Frauen erreicht werden kann. Am Ende wird ein Beschluss, eine sogenannte Agreed Conclusion, verabschiedet, der festhält, was die Mitgliedsstaaten in der Frauenpolitik verändern und erreichen wollen.
In diesem Jahr wird das Ganze unter dem Oberthema der 2015 mit der Agenda 2030 neu beschlossenen nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) verhandelt. Diese wurden von den UN verabredet, um weltweiten Problemen und globalen Herausforderungen vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit gemeinsam zu begegnen. So sollen z.B. Armut und Hunger beendet, Ungleichheiten bekämpft und Geschlechtergerechtigkeit erreicht werden. Bildung, Gesundheitsversorgung, Zugang zu Trinkwasser und (nachhaltiger) Energie, nachhaltiger Konsum, die Bekämpfung des Klimawandels und eine globale Partnerschaft sind weitere zentrale Themen der Ziele. Kurz gesagt: Es geht darum, die Welt ein Stück besser zu machen – und das ist auch das Ziel von Pfadfinden.
Ein Ausschnitt aus einem Gespräch des RDP mit Paula vor ihrer Abreise:
Liebe Paula, was genau machst du in New York?
Meine Aufgabe wird sein, als eine von zehn WAGGGS-Jugenddelegierten die Interessen von jungen Frauen und Mädchen zu vertreten. Dabei werden wir zum einen unsere Erfahrungen als junge Frauen und als Pfadfinderinnen teilen und zum anderen versuchen, Einfluss auf die Verhandlungen auszuüben, indem wir uns mit verschiedenen Regierungsvertreterinnen und -vertretern zusammensetzen. Spannend ist dabei, dass wir ein Team von Delegierten aus allen Kontinenten sind, da WAGGGS ja Mitgliedsorganisationen in 146 Ländern hat und von diesen auch möglichst viele vertreten sein sollen.
Was sind die wichtigsten Themen, die auf der Veranstaltung besprochen werden?
Das ist jetzt im Vorhinein natürlich noch etwas schwer zu sagen, aber das Oberthema ist das Empowerment von Frauen, also die Selbstermächtigung bzw. die Unterstützung bei der Entdeckung eigener Stärken und dem Entwickeln von Selbstbestimmung, und die nachhaltige Entwicklung.
Welches Thema liegt dir am meisten am Herzen?
Als Jugenddelegierte und junge Frau ist es mir besonders wichtig, dass junge Menschen und ihre Meinungen nicht nur gehört, sondern auch in die Verhandlungen einbezogen werden. Immerhin geht es um nachhaltige Entwicklung und wir sind als nächste Generation am meisten von den heutigen Entscheidungen betroffen. Das ist immer wieder etwas, worauf man Politikerinnen und Politiker und Regierungen aufmerksam machen muss. Viele meinen, dass es reicht, sich das anzuhören, was wir zu sagen haben, aber wir wollen ja auch sehen, dass unsere Probleme und Sorgen aufgenommen werden und etwas getan wird.
Was ist deine Rolle als Pfadfinderin auf der Konferenz bzw. was genau macht WAGGGS auf der CSW 60?
Das ist eine gute Frage. Hier wird es etwas komplizierter, weil das auch etwas mit den Strukturen der UN zu tun hat. Wichtig zu wissen ist auf jeden Fall, dass in der UN nicht nur die Mitgliedsstaaten Akteure sind, sondern auch Nichtregierungsorganisationen mitwirken dürfen und regelmäßig konsultiert werden. WAGGGS und WOSM, zwei der sechs weltweit größten Jugendorganisationen und somit wichtige NGOs, haben einen Sitz beim Wirtschafts- und Sozialrat der UN (ECOSOC). Der UN-Frauenrat ist Teil dieses Ausschusses und für WAGGGS als NGO und weltgrößtem Verband, der die Interessen von Mädchen und jungen Frauen vertritt, besonders wichtig. WAGGGS versucht hier sozusagen die Politik in eine Richtung zu lenken, die Mädchen und junge Frauen, insbesondere für die 10 Millionen Mitglieder, am besten ist.
Wir sind als WAGGGS-Jugenddelegierte Beobachterinnen im Verhandlungsraum und werden nach unserer Meinung gefragt. Wir nehmen nebenbei auch an anderen Veranstaltungen teil und organisieren selbst welche, zum Beispiel zum Thema „Voices against Violence“ (Gewaltfreiheit). Hierbei werden Reden von Politikerinnen und Politikern zu dem Thema gehalten, wir stellen unsere Arbeit vor, z.B. die WAGGGS-Kampagne „Stop the Violence“, und versuchen gemeinsam mit weiteren Gästen Lösungen für das Problem von Gewalt gegen Frauen zu finden.
Glaubst du, dass es konkrete Ergebnisse geben wird, so dass sich die Situation von Frauen (in bestimmten Ländern oder in bestimmten Themenbereichen) verbessert?
Ich denke, durch die nachhaltigen Entwicklungsziele ist ein guter Weg für eine tatsächliche Veränderung der Situation von Frauen geebnet worden. Dadurch dass die SDGs diesmal verbindlicher für die unterzeichnenden Staaten sind als die vorausgegangenen Entwicklungsziele, besteht eine größere Chance, dass einzelne Staaten genug Druck verspüren, ihre Politik zu ändern. Insbesondere auf dem Feld der Prävention von Gewalt gegen Frauen besteht weltweiter Handlungsbedarf und es ist schon im Programm der Kommission zu sehen, dass dies auch erkannt wurde. Europäische Länder sind davon genauso betroffen wie alle anderen Kontinente. Selbst wenn die Formen der Gewaltausübung andere sind, ist das Problem nicht weniger relevant. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich hier durch die UN-Frauenrechtskommission in der Frauenpolitik etwas ändern wird.
Das komplette Interview gibt es auf unserem Blog.